"A guads Versteck für jeden Dreck"

2022-10-14 19:50:08 By : Mr. Nick Deng

Interessengemeinschaft gegen Recyclinganlage bei Gambach verpackt schwere Vorwürfe teils satirisch

Rohrbach - Etwas mulmig ist Helmut Schneider garantiert zumute gewesen, als er am Montag bei der Infoveranstaltung in der Turmberghalle zum Mikrofon griff. "So viele Leute, damit habe ich nicht gerechnet", meinte der Stiangbräu-Wirt und Erdbauunternehmer aus Ottersried mit Blick auf etwa 200 Zuhörer. Die meisten standen hinter dem Motto der Interessensgemeinschaft, die sich gebildet hat. "Stop! Keine Betonbrecher zwischen Gambach und Ottersried" stand in großen Lettern auf dem Plakat am Hallenende. An diesem Grundsatz rüttelten die Gegner der geplanten Humus-Wiederaufarbeitungsanlage an der Kreisstraße zwischen Ottersried und Gambach auch am Ende der dreistündigen Versammlung kein bisschen.

Mit Robert Zwingler und Andreas Kottermair hatte sich Schneider zwei Planer zur Unterstützung mitgebracht. Bürgermeister Christian Keck (SPD) stellte sich im Namen des Gemeinderats hinter das Projekt. Und aus Sicht der Verwaltung steuerte Christian Ettinger die baurechtlichen Fakten bei. Alle miteinander hatten sich ordentlich zu wehren. Denn auch nachdem Schneider erklärt hatte, dass "Baustoffrecycling die Zukunft" sei, dass er "den Dreck zu etwas umwandelt, das man wieder brauchen kann" und er damit den Lkw-Verkehr eindämme, erhellten sich die Minen seiner Zuhörer nicht. Im Gegenteil. "Aber nicht in Gambach", erschallte ein Zwischenruf. Und damit war viel von dem gesagt, was im weiteren Verlauf noch folgen sollte. "Es gibt einen besseren Platz als dort", sagte ein Gast. Die Autobahn sei immer schon da gewesen und an die Geräusche habe man sich gewöhnt, fügte eine Zuhörerin an. "Aber Industrielärm, das geht gar nicht." Beide Wortmeldungen konnte Keck noch entkräften. "Andere Orte haben derartige Eingriffe längst mitmachen müssen", meinte der Bürgermeister - und wollte Gambach keine Sonderstellung zugestehen. Ein anderer Aspekt verfing jedoch. "Genau auf der Anhöhe. Das muss nicht sein", meinte ein Gast. Vor allem nicht, weil vergleichbare Anlagen häufig in ehemaligen Kiesgruben stehen, tief unten, am besten sogar durch einen Wald von der nächsten Wohnbebauung abgeschirmt. Den Weg zu einer einvernehmlichen Lösung machte Keck in der Standortwahl aus. Der Bürgermeister will sich auf die Suche machen. Die Landwirte in der Umgebung einbinden. Und einen "hinterleitigen Platz" finden, an dem die Recyclinganlage nicht stört. Ob ihm das gelingt, bezweifelt sogar Schneider. "Ich habe alles versucht. Da geht nichts", meinte er. Aber der Unternehmer sei für alles offen und verstehe die Sorgen der Anwohner. "Das ist alles neu, alles anderes. Das will man nicht. Dabei wird das eine gute Sache", meinte er mit dem Ziel, einige Zuhörer umzustimmen.

Auf der anderen Seite führte die Interessensgemeinschaft um Hildegard und Josef Lichtblau, Claudia Schweiger und Josef Kiermeier eine ganze Litanei an Argumenten gegen das Vorhaben ins Feld. Schweiger und Kiermeier sprachen in einer fast schon satirisch anmutenden Präsentation, die allerdings auch handfeste sowie ganz und gar nicht witzige Vorwürfe enthielt, von einem "faulen Ei", das den Gambachern ins Nest gelegt werde. Den Lärm der Brecheranlage verglich Kiermeier mit einem startenden Kampfjet. Er äußerte Sorge um die Trinkwasserqualität, sprach von staubbedeckten Häusern, Feldern und PV-Anlagen, misstraute Schneiders Aussagen offen und unterstellte ihm, die Gesetze nicht immer zu achten und seine wahren Absichten zu verschleiern. "Liefert mir jeden Dreck, ich bring ihn dann schon weg und suach a guads Versteck", reimte Kiermeier und ergänzte: "Wir wollen dir nicht zu nahe treten, so lange du uns mit deinem Projekt nicht zu nahe kommst." Schweiger arbeitete danach mit rhetorischen Fragen, um ihre Ablehnung des Sondergebiets zu untermauern. Ein weiterer Redner warf der Gemeinde "Etikettenschwindel" vor, weil die Bezeichnung als "Lagerplatz" das wirkliche Vorhaben verberge.

Der rote Faden bei allen Beiträgen war die Standortfrage. An anderer Stelle sei so ein Recyclingplatz akzeptabel, waren sich viele einig - aber an dieser Stelle auf keinen Fall. Im Zuge der Abwägung sind nun wieder die Gemeinderäte an der Reihe, um die Richtung vorzugeben. Wie sie auf den Gegenwind reagieren, lässt sich schwer abschätzen. Nur wenige Räte waren bei der Versammlung anwesend, zu Wort meldete sich keiner.

Eine Wiederaufarbeitungsanlage für Humus will Erdbauunternehmer Helmut Schneider auf einem gut 17000 Quadratmeter großen Feld errichten, das sich an der Kreisstraße von Ottersried nach Gambach etwa 500 Meter vor dem Ortseingang (linker Hand) befindet.

Die Recyclinganlage soll laut Planer Robert Zwingler mit einem zwei Meter hohen Erdwall eingehaust werden, auf dem vier Meter hohe Pflanzen wachsen. Die acht Meter hohe Lagerhalle sollte auf dem abschüssigen Gelände somit kaum noch zu sehen sein. Auf dem Gelände sollen zudem eine Lkw-Waage, Sozialräume, Schüttboxen und eine Lärmschutzwand, die den Betonbrecher abschirmt, entstehen. Ingenieur Andreas Kottermair ergänzte, dass von der Lärmemission des Sondergebiets in Gambach maximal 60 Dezibel ankommen dürfen. Kottermair geht sogar davon aus, dass man bei den ersten Häusern gar nichts mehr vom Betonbrecher hören wird.

Der Rohrbacher Gemeinderat hat sich bislang einstimmig hinter das Vorhaben "Sondergebiet Lagerplatz Ottersried" gestellt und die Änderung des Flächennutzungsplans sowie die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans angestoßen. Seit September läuft das Verfahren, die erste Auslegung endete im Oktober.

Um den Jahreswechsel herum gründete sich eine Interessensgemeinschaft, die das Bauvorhaben an dieser exponierten Stelle verhindern möchte. Ihre Argumente, die im Rahmen der Infoveranstaltung am Montag vorgebracht wurden, sollen in die Abwägung einfließen.

Die Suche nach einem alternativen Standort in der Umgebung, der ab vom Schuss und weiter von Wohnsiedlungen entfernt liegt, wollen Keck und Schneider parallel dazu aufnehmen.

Wenn die Planung abgeschlossen ist, so Bauamtsleiter Christian Ettinger, muss sie vom Landratsamt genehmigt werden. Eine zentrale Rolle nimmt der Immissionsschutz ein, der dem Betreiber der Anlage diverse Auflagen erteilen kann. Ein Zeitpunkt, wann eine Genehmigung vorliegen könnte, sei laut Ettinger aktuell noch überhaupt nicht absehbar.

Stoppt die Betonbrecher: Die Interessensgemeinschaft brachte zahlreiche Einwände vor. -Foto: Foto: Ermert