Mit Perspektiven der Industriearbeit setzte sich das Erzähltal in Menziken auseinander. «Fischer» und «Herkules» standen im Zentrum.
Peter Fischer, Präsident des Verwaltungsrats der Fischer Reinach AG, findet klare Worte, auch an die Adresse der Politik: «Ein Unternehmer hat mehr zu verlieren als eine Wahl.» Aus dem 9. Stock des Aluhochhauses in Menziken wirft er einen Blick auf den Globus und ins Oberwynental. Seine Firma, vor 180 Jahren von seinem Urururgrossvater Johannes Wirz (1813 bis 1889) gegründet, hat 200 Mitarbeitende in Reinach und 160 in Füssen, Deutschland. Sie produziert Teile für die Automobil-, Elektro- und Beschlägeindustrie.
Die Firma hat sich stets neuen Gegebenheiten anpassen müssen, erlebte das Ende der Heimarbeit, die von der Maschinenarbeit abgelöst wurde, dann Akkord- und Fliessbandarbeit, vor etwa 50 Jahren die computerunterstützte Produktion und nun in der vierten industriellen Revolution die Digitalisierung, Roboterisierung, Vernetzung. Etwas aber sei eine Konstante, so Fischer: «Es geht darum, agil und mutig zu sein, Ideen auszuprobieren, zu scheitern, wieder aufzustehen, sich anzupassen und laufend zu investieren.» In den letzten Jahren habe die Firma 30 Millionen Franken investiert.
Peter Fischer sieht die Bedeutung Europas schwinden. Zudem sei mehr als die Hälfte der Welt von Diktatoren, ja Verbrechern regiert. Ein Kampf um Werte tobe, China wolle «ohne Rücksicht auf Verluste» die Nummer eins werden. «Der Wohlstand machte uns satt und träge», sagt Fischer, und die Geopolitik betreffe auch das Wynental. Was, wenn sich China Taiwan einverleibt? In Europa sieht er schwache Regierungen. Dennoch: «Wir müssen zum Binnenmarkt Europa Sorge tragen.» Seine Firma produziere jährlich acht Milliarden Teile, die nicht in der Schweiz verkauft werden können. Er hofft auf ein gutes Rahmenabkommen mit der Europäischen Union.
«Auch im Wynental ist der Dialog zwischen Politik und Wirtschaft nicht so, wie er sein sollte», sagt Peter Fischer in die Runde der 123 Personen, die sich am Samstagmorgen ins Hochhaus locken liessen. Er spricht eine Planungssicherheit an, die «wir heute nicht haben». Sie wüssten zum Beispiel nicht, wie es um die Verfügbarkeit von Strom und Gas stehe, und ortet darin ein Staatsversagen.
«Wohlstand entsteht nicht durch Stillstand, sondern durch Fortschritt», sagt der Unternehmer, und dabei würden sie politisch behindert. Konkret: Eine neue Produktionshalle in Reinach böte Arbeitsplätze und füllte leere Wohnungen. Er benennt die Verhinderer: Kanton, Denkmalpflege, die Gemeinde Menziken. «Eine schwierige Situation», resümiert Peter Fischer. Er sieht aber auch «hervorragende Perspektiven»: grosse Märkte, wo die Produkte gefragt sind, lohnende Investitionen in die Ausbildung (die Firma bildet 30 Lehrlinge aus). Aber: «Wir müssen uns mehr bewegen, heraus aus der Komfortzone; das sind wir unseren Kindern schuldig.»
Herkulesaufgabe? Über die Firma Herkules, das Areal mit Kamin ist vom Hochhaus aus schön zu sehen und soll einer Wohnüberbauung weichen, referiert Felix Matthias (Quellen: Karl Gautschi und Historische Vereinigung Wynental). Carl Weber-Landolt (1856 bis 1942) zeigt sich als Paradebeispiel eines Unternehmers mit «sicherem Instinkt für Marktnischen». Aus der elterlichen Tuchfärberei machte er eine Tabaklaugensiederei. Er wurde zum «Aargauer Autopionier», machte Erfindungen, die einen preisgünstigen Betrieb ermöglichten.
Beeindruckend, wie er sich immer wieder anpasste. Mit seinem Rippenröhrensystem beheizte Herkules Trams, öffentliche Gebäude, Gotthardbahn, Dampfschiffe, Seetalbahn und Bahnen in Deutschland. Er baute auch kleine Lastwagen, Kombifahrzeuge und sogar einen Steinbrecher. Verkehrsvorschriften (Lobbying der Pferdefuhrhalter?) führten zu schwierigen Zeiten für Autopioniere: So herrschte im Kanton Graubünden bis 1925 ein totales Autofahrverbot.
Und Herkules? Die ausländische Konkurrenz war letztlich zu gross, um zu überleben. 1946, nach dem Tod des Sohns des Firmengründers, kam das Unternehmen in neue Hände. Man produzierte Produkte für die Pharmaindustrie: Kunstdünger, Schädlingsbekämpfungsmittel, Geschmacksträger für Kautabak, Leberinjektionslösungen gegen Anämie. 1974 war auch damit Schluss.